Interview für die Zeitschrift UpgradeIT 3/2007
Wir haben Herrn Jiří Sluka von der Firma ELSIN spol. s r.o nach praktischen Erfahrungen mit der Datenwiederherstellung gefragt.
Können Sie uns kurz Ihre Firma vorstellen und uns verraten, für welche Typen der Datenwiederherstellung Sie sich spezialisieren?
Die tschechisch-koreanische Firma ELSIN spol. s r.o. beschäftigt sich als eine der wenigen Firmen auf dem europäischen Markt mit technologisch anspruchsvollen Reparaturen von LCD-Bildschirmen und anderen Produkten mit LCD-Technik sowie mit der Datenrettung. Bei der Datenrettung schöpfen wir aus der reichhaltigen und langjährigen Erfahrung unseres Auslandspartners. Somit disponieren wir über dieselben Kenntnisse und besitzen auch das spezielle Equipment wie unser Partner, der auf dem Gebiet der Datenrettung die Nummer 1 auf dem koreanischen Markt ist und dort mehr als 1000 Harddisks monatlich rettet. Für die Datenrettung benutzen wir einen Reinraum, der es möglich macht, komplizierte und anspruchsvolle Operationen auf hochsensiblen Geräten durchzuführen.
Wir sind im Stande die Daten sowohl von softwarebeschädigten Trägern, als auch von Trägern mit einem Hardwareschaden zu retten. Dank spezieller Ausrüstung und einzigartigem Verfahren sind wir in der Lage Daten nicht nur von Disks mit beschädigter innerer oder äußerer Elektronik oder defekten Köpfen, sondern auch von Disks mit beschädigtem Service-Bereich zu retten. Wir können auf die Disks im Herstellermodus zugreifen und so mit den Serviceangaben der Disk zu manipulieren. Außerdem sind wir dadurch auch in der Lage verschlüsselte Disks zu entschlüsseln, die Seriennummer der Disk zu ändern oder die SMART-Werte zu löschen,
70% unserer Aufträge sind die 2.5’’-Notebook-Festplatten, und auch weiterhin wollen wir uns als Experten für die Datenrettung vom diesem Speichermedium profilieren. Natürlich retten wir auch Daten von gängigen 3.5’’ Disks, USB-Sticks und anderen Speichermedien. Zu unseren großen Vorteilen zählt ein umfangreicher Lager mit mehr als zehn Tausend Harddisks verschiedenster Typen, deren Teile im Prozess der Datenrettung benutzt werden.
Bei den Firmendaten handelt es sich oft um sehr sensible Informationen und eine ganze Reihe von Firmen wird deshalb zögern, sie jemanden außerhalb der eigener Firma anzuvertrauen. Gewähren Sie in solchen Fällen eine ausreichende Garantie oder einen „besonderen Modus für sensible Daten“?
Mit den Daten unserer Kunden gehen wir immer so um, dass das jegliche Durchsickern von Informationen verhindert wird. Auf keinen Fall geben wir Infos über das übergebene Speichermedium an weitere Personen weiter (unser Verpflichtung ist Bestandteil des Übergabeprotokolls) und falls es aus technischer Sicht nicht unbedingt erforderlich ist (und das ist bei den meisten Fällen so), ist nicht mal uns der Inhalt der Dateien bekannt. Falls es der Kunde wünscht, es wird die Schweigepflichterklärung unterschrieben. Unser Backup der geretteten Daten wird sofort gelöscht, nachdem der Kunde die Daten übernimmt.
Viele Daten sind heutzutage verschlüsselt – seien es Einzeldaten oder ganze Partitionen. Wird in diesen Fällen die Datenwiederherstellung durch solche Verschlüsselung nicht unmöglich gemacht?
Eindeutig ja. Der Erfolg der Datenrettung ist in dem Fall dadurch bedingt, auf welche Art es die eingesetzte Kryptosoftware schafft, den unlesbaren Teil der Festplatte zu entschlüsseln. Falls die Festplatte verschlüsselt ist und ein Teil der Sektoren nicht lesbar ist, ist es durchaus möglich, dass die Kryptosoftware nicht in der Lage sein wird, die Datenstruktur zu erkennen und deshalb wird es nicht möglich sein, eine einzige Datei zu retten. Im Falle einer unverschlüsselten Festplatte wäre es in dem Fall möglich fast alle Daten zu retten.
Mit welcher Art der Beschädigung werden Sie am häufigsten konfrontiert? Und wie ist die „Prognose“, sprich die Wahrscheinlichkeit, dass es sich gelingt die Daten zu retten?
Eine der häufigsten Beschädigungsarten, mit der wir oft konfrontiert sind, ist das Vernichten der Disk durch Überspannung. Als Folge von einer Spannungsspitze kommt es meistens zur Vernichtung der elektronischen Bauteile der Disk (äußere, innere Elektronik). Falls im Moment der Spannungsspitze auch in den Servicebereich der Disk (z.B. SMART-Werte) geschrieben wurde, kommt es ebenso zu Beschädigung des Servicebereichs. Dank speziellem Equipment und einzigartigen Verfahren ist jedoch die Chance auf die Datenrettung aus diesen Disks sehr hoch.
Sollte es sich um einen Softwareschaden oder um zufälliges Löschen von Daten handelt, sind die Basisempfehlungen wohl allgemein bekannt – keine weiteren Daten reinschreiben, das Medium abschalten, etc. Wie sollten aber die nächsten Schritte sein, falls es sich um eine physische Beschädigung handelt? Spielt auch hier die Zeit die Rolle, bis das Speichermedium zu Ihnen kommt?
Im Falle eines Hardwareschadens gilt diese Regel doppelt. In manchen Fällen genügt eine weitere Einschaltung für eine totale Destruktion der Festplatte. In besonderen Fällen (z.B. bei Kontaminierung mit einer Flüssigkeit) ist die Schnelligkeit, mit der die Anlieferung in die Datenrettungsfirma erfolgt, kritisch.
Wie sieht das Standardverfahren (Diagnostik und die darauffolgende Wiederherstellung) bei Ihrer Firma zum Beispiel bei einer Festplatte aus (der wohl am häufigsten vorkommende Defekt)?
Nachdem wir die Festplatte vom Kunden übernommen haben (entweder persönlich in der Firma, oder es wurde mit dem kostenlosen Kurierdienst gebracht), unterzieht sie sich der Eingangsanalyse, bei der wir die Art der Beschädigung sowie die Chance auf die Datenrettung und den Preis bestimmen. Zu der Analyse kommt es in der Regel gleich am Tag der Anlieferung.
Dem Kunden werden die Ergebnisse der Analyse mitgeteilt und er bestätigt den angegebenen Preis. Dann erfolgt die eigentliche Datenrettung. Sollte der Kunde nach der Analyse keine Datenrettung wünschen, oder falls die Datenrettung nicht möglich ist, geben wir ihm das Medium kostenfrei zurück.
Welche der Speichermedien tendieren aus Ihrer Sicht am meisten zu Beschädigungen und Sie würden deshalb nicht empfehlen, sie zur Datensicherung zu nehmen?
Es ist nicht feststellbar, welche Art des Speichermediums oder welche Marke am meisten zu einer Beschädigung neigt. Es hängt von vielen Faktoren ab. Manche Typen sind mehr schlagresistent, andere haben wiederum eine bessere Resistenz gegen Temperatur, Feuchtigkeit aus der Umgebung oder gegen Staub. Wichtig ist es eine regelmäßige Datensicherung zu betreiben. Aus der Sicht der Datenrettung sollte der Benutzer zu gängigen Festplatten greifen, wo kein Problem mit der Verfügbarkeit der Ersatzteile eintreten kann. Immer nach einigen Jahren empfehle ich aber auch eine voll funktionsfähige Festplatte durch ein neueres Modell zu ersetzen.
Und wie steht es mit Medien, die wir herkömmlich zur Archivierung benutzen – DVDs (oder CDs) und mit dem Datenband – wie sieht es mit ihrer Lebenserwartung aus, sowie mit der eventuellen Datenrettung?
Auf dem Markt fehlt bis jetzt jegliche Statistik über die Lebensdauer von CDs/DVDs über einen längeren Zeitraum. Manche Quellen geben sogar nur bis zu 5 Jahren als die sichere Zeit an. Wenn man die Daten nach einigen Jahren auf sein neues Medium kopiert, bring es den Vorteil, dass das jeweilige Format ständig aktualisiert wird. Da sich die Datenformate ändern, kann es nämlich nach einiger Zeit schwierig sein, ursprüngliche Formate zu lesen.
Und zum Schluss eine übliche Frage nach dem Motto „Und jetzt noch eine lustige Geschichte aus dem Leben”: wie war die merkwürdigste Art der Beschädigung eines Datenträgers, die Sie während Ihrer Praxis bei der Datenrettung miterlebten?
Die meisten kuriosen Fälle beziehen sich auf die USB-Sticks. Die tragen wir ja meistens bei sich und somit ist die Chance, dass man sie mit einem Auto überfährt oder dass sie der Nachbarshund zerkaut um einiges größer. Aber auch in diesen beiden genannten Fällen erfolgte die Datenrettung erfolgreich.
